Secondhand Mode zu kleinem Preis und Lebensmittelausgabe an Bedürftige: Der DRK Kreisverband Varel-Friesische Wehde e.V. ist mit neuem Angebot vor Ort
Die Beschränkungen im gesellschaftlichen und sozialen Leben seit Beginn der Pandemie hat viele hart getroffen. Als die Vareler Tafel ihren Betrieb im ersten Lockdown im März 2020 einstellen musste, klaffte von heute auf morgen eine Lücke in der Versorgung derjenigen auf, die die Hilfe ganz besonders nötig haben. Die Kauffrau Jennifer Kuhlmann (Fleischerei Kuhlmann) ergriff mit mehreren Gleichgesinnten kurzerhand die Initiative und gründete einen „Speisekreisel“, der mehr als 100 bedürftige Haushalte während der Schließung der Tafel mit Lebensmittelrationen und dem Nötigsten versorgte. Ein Zeichen von Solidarität und Menschlichkeit in unsteten Zeiten. Unterstützt wurden sie dabei durch Ehrenamtliche und durch den Fuhrpark des Deutschen Roten Kreuzes aus Varel und Neuenburg.
Eine perfekte Lokalität gefunden
Rainer Zieseniß, ehrenamtlicher Leiter der Wohlfahrts- und Sozialarbeit im DRK Kreisverband Varel-Friesische Wehde e.V. war seit einiger Zeit auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten zur Erweiterung des DRK Kleiderladens Varel, um ein zusätzliches Angebot in der Friesischen Wehde zu installieren. In den ehemaligen Räumlichkeiten der Fleischerei Kuhlmann in der Urwaldstraße 28 in Neuenburg/Zetel wurde er nicht nur fündig, sondern die Immobilie stellt sich zudem als perfekte Lokalität heraus, um neben dem geplanten DRK Kleidershop auch einen örtlichen „Speisekreisel“ für Bedürftige einzurichten, in der Art, wie es von Frau Kuhlmann in Varel bis zur Wiedereröffnung der Tafel realisiert worden war.
Das Konzept stieß auf offene Ohren. Beide Bürgermeister unterstützten das Vorhaben.
Hinter einem Ladenraum mit großer Fensterfront zur Straße befinden sich im hinteren Teil des Gebäudes ein kleiner Kühlraum und Räumlichkeiten, um die eingesammelten Lebensmittel in Tüten verpacken zu können. Mit dieser Idee bzw. dem Konzept, ein entsprechendes Angebot für Bedürftige in der Friesischen Wehde einzurichten, wandten sich Rainer Zieseniß und Rainer Kokoschka, 1. Vorsitzender des DRK Kreisverbandes Varel-Friesische Wehde e.V., an die beiden Gemeinden Bockhorn und Zetel. Dort stießen sie auf „offene Ohren“. Sowohl Thorsten Krettek, Bürgermeister der Gemeinde Bockhorn, als auch Heiner Lauxtermann, Bürgermeister der Gemeinde Zetel, gaben prompt ihre Zusage, das Projekt unterstützen zu wollen. Gesagt getan.
Projekte wie diese verdanken wir einem starken ehrenamtlichen Engagement und der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten
Am 11. März 2021 konnte in den Räumlichkeiten der DRK Bereitschaft Friesische Wehde unter Corona-Bedingungen die offizielle Einweihung des Neuenburger DRK Kleidershops und des DRK Speisekreisels stattfinden. „Projekte wie diese verdanken wir einem starken ehrenamtlichen Engagement und der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten“, betonte Rainer Kokoschka in seinem Grußwort und dankte besonders den beiden Bürgermeistern für die Fürsprache und gemeindeübergreifende, unbürokratische Hilfe. „Wir sind sehr froh, dass beide Gemeinden uns bei der Miete unterstützen“. Darüber hinaus sprach er weiteren Wegbereitern seinen Dank aus: Jennifer Kuhlmann für eine Spende in Höhe von 4.500 Euro, die aus Überschüssen des früheren Speisekreisel verblieben war und für „Lebensmittelzukäufe eingesetzt werden darf“, weiterhin Dirk Abrahams, dem Vermieter der Räumlichkeiten, für einen guten Mietzins und einen Spendenscheck zur „Anschubfinanzierung“, sowie Gerhard Rusch von der „Humanitären Hilfe Zetel“, der zur Eröffnung einen Spendenscheck in Höhe von 3.000 Euro überreichte, außerdem dem Sozialen Kaufhaus Zetel für eine bereits zugesagte Spende und beauftragten Firmen „für die erträglichen Preise“, so der Firma Ammermann Bockhorn für Handwerksarbeiten beim Umbau und der Firma S+E Werbung Zetel für die Schaufensterbeklebung.
Mit den neuen Angeboten unterstützt das Rote Kreuz Menschen in finanziellen Notlagen
Rainer Zieseniß erklärte anschließend die Abläufe beider Angebote im Detail. Die Kleiderspenden, die in den DRK Kleidercontainern vor Ort gesammelt oder direkt im Laden abgegeben werden, durchlaufen eine Sichtung und Sortierung. Gut erhaltene Kleidungsstücke und Schuhe gehen anschließend als Secondhand-Ware in den Verkauf und können von Menschen mit geringem Einkommen zu einem fairen Preis im DRK Kleidershop erworben werden. Das Deutsche Rote Kreuz möchte mit diesem Angebot Menschen in Notlagen helfen und sie bei der materiellen Grundversorgung unterstützen.
Der DRK Speisekreisel öffnet immer freitags seine Türen. Der Ablauf im Hintergrund sieht so aus, dass Ehrenamtliche vormittags bis zu 16 Lebensmittelmärkte, Discounter und Einzelhandelsgeschäfte anfahren und die gespendeten Lebensmittel einsammeln. Hygienevorschriften und Kühlkette werden dabei genau eingehalten. Mittags werden die Speisen sortiert und in Stofftaschen verpackt. Diese wurden von der „Klima-Gruppe Friesische Wehde“ genäht und als nachhaltiges Kreislauf-Produkt zur Verfügung gestellt, d. h. sie werden zurückgegeben, gereinigt und wieder ausgegeben. Die Ausgabe der Lebensmittel erfolgt nachmittags in der Zeit von 14-16 Uhr am linken Seiteneingang in der Urwaldstraße 28. Das Angebot soll vor allem jene Bedürftige ansprechen, die über keinen Berechtigungsschein für die Tafel verfügen. Der Kontakt zu diesen Bedürftigen wurde über beide Gemeinden hergestellt, die den Personenkreis angeschrieben und das neue Angebot kommuniziert haben.
Mit der Tafel ist man im guten Austausch und eine gegenseitige Unterstützung wird angestrebt
Eine Konkurrenz zur Tafel wurde ganz bewusst vermieden. „Wir sind im guten Austausch miteinander und unterstützen uns gegenseitig“, berichtet Zieseniß. Sollten Speisen übrigbleiben, werden sie der Tafel gebracht und auch die Tafel hat ihre Unterstützung zugesagt. Sogar das Grünzeug wird verwertet und „kommt den Vierbeinern des Meerschweinchen-Vereins Zetel zugute“, erzählt Jennifer Kuhlmann, die angeboten hat, sich mit ihrem Know-How und ihrer Erfahrung aus dem ursprünglichen Speisekreisel, in der Startphase einzubringen. Ein Team aus derzeit 7 Ehrenamtlichen betreibt den Kleidershop und den Speisekreisel. Einer von Ihnen ist Karl-Heinz Hübner, der ehemalige Leiter der Polizeistation Bockhorn. Der Ruheständler möchte „weiterhin engagiert bleiben“, und ist nebenbei auch im Präventionsrat in Bockhorn aktiv.
Die Bürgermeister der Gemeinden Bockhorn und Zetel begrüßen das neue Angebot des Roten Kreuzes in der Friesischen Wehde
Thorsten Krettek, Bürgermeister der Gemeinde Bockhorn, sprach den Ehrenamtlichen für ihre Ideen und ihre Tatkraft seinen „größten Dank“ aus. Das Angebot sei ein Zugewinn für die Region. Bemerkenswert fand er auch, dass „die bedacht werden, die aufgrund mangelnder Mobilität nicht zur Ausgabe kommen können“. In so einem Fall liefern die Ehrenamtlichen nach 16.00 Uhr die Speisen auch einmal nach Hause.
Heiner Lauxtermann, Bürgermeister der Gemeinde Zetel, zeigte sich ebenso beeindruckt über das tolle Projekt. Solch ein ehrenamtliches Engagement sei „nicht selbstverständlich“ und die „Gemeinde ist unendlich dankbar dafür“. Der Standort sei gut gewählt und das Angebot zentral für alle in der Friesischen Wehde erreichbar.
/acweller