Prüfen. Beraten. Piksen. Die wertvolle Arbeit der mobilen Impfteams der DRK-Bereitschaften
Unter der Leitung von Jared Becker, dem Landesbereitschaftsleiter des DRK LV Oldenburg e.V. (hier in Funktion des Kreisbereitschaftsleiters des DRK KV Ammerland e.V.) und Lars Hanekamp, dem stv. Katastrophenschutz-Beauftragten des DRK KV Ammerland e.V. fahren derzeit zwei mobile DRK-Impfteams in Pflege- und Seniorenheime und impfen Bewohner und Personal gegen COVID19. Insgesamt gibt es für den Landkreis Ammerland vier Impfteams, von denen drei durch das DRK und eines durch die Johanniter Unfallhilfe gestellt werden.
Ich durfte sie bei ihrem Einsatz in der Altenwohnanlage des AWO-Bezirksverbandes Weser-Ems e.V. im Residenzort Rastede unter strenger Einhaltung der Hygieneschutzregeln besuchen. Insgesamt 102 Personen erhielten an dem Tag ihre 2. Impfung und wurden damit vollständig „durchgeimpft“. Bis Ende März sollen alle Menschen in stationären Einrichtungen ein Impfangebot erhalten.
„Sobald eine Impfstofflieferung erfolgt, wird die Einsatzplanung für die beiden Teams gemacht“, berichtet Lars Hanekamp, der die mobilen Impfteams koordiniert. Die Impfung an diesem Tag lief sehr zügig und reibungslos ab. „Wir waren schneller fertig als gedacht“, so Hanekamp. Dies lag zum einen an der guten Vorbereitung der Einrichtung und zum anderen an der mittlerweile eingespielten Routine der beiden Impfteams, die vor Ort waren.
Ablauf der Impfung
Nach einer kurzen Besprechungsrunde mit den Akteuren im „Impfsaal“ konnte ich am Beispiel von Melanie Reins mitverfolgen, wie die Impfung konkret abläuft. Die junge Altenpflege-Fachkraft stellte sich als Impfling für die Kamera freundlich zur Verfügung und ich durfte sie an den drei Stationen bis zur Impfung, unter Abstand, begleiten.
An der ersten Station erfolgt die Voranmeldung. Hier wird Melanie zunächst einmal registriert und gibt einen Anamnesebogen und eine Einwilligungserklärung ab. DRK-Mitarbeiter Florian Jahn, Einsatzkraft aus dem DRK KV Ammerland e.V., misst noch kurz die Körpertemperatur an der Stirn und generiert einen QR-Code für die spätere Zuordnung zur verabreichten Impf-Charge.
Dann geht es weiter zur 2. Station. Dort erfolgt das sogenannte „Arztgespräch“. DRK Kreisverbandsärztin Wiebke Kempen gleicht zunächst die Personalien mit den vorliegenden Unterlagen ab und führt dann ein Beratungs- und Informationsgespräch mit Melanie. Sie klärt sie über den Impfstoff, den Ablauf der Impfung und über evtl. eintretende Nebenwirkungen auf. „Typische Nebenwirkung ist ein leichter Schmerz am Oberarm“, berichtet die Impfärztin. Manchmal könnten auch etwas Kopf- und Gliederschmerzen oder Müdigkeit am nächsten Tag auftreten. Solche Impfreaktionen gelten als normal und sind als ein gutes Zeichen zu werten, dass das Immunsystem aktiviert wurde. Nach 1-2 Tagen seien diese Beschwerden i. d. Regel wieder vorbei. Verimpft wird an diesem Tag der Impfstoff des Herstellers Pfizer/Biontec, der auch als mRNA-Impfstoff bekannt ist. Melanie ist informiert und hat keine weiteren Fragen.
Nun geht es direkt weiter zu Station 3, der Impfung. Jetzt heißt es Ärmel hochkrempeln. Sie entscheidet sich für die rechte Schuler. DRK-Mitarbeiterin Roswitha Tromp, stv. Landesbereitschaftsleiterin des DRK LV Oldenburg e.V, sprüht ein Desinfektionsmittel auf die Haut, wischt die Stelle einmal trocken und desinfiziert sie erneut. Erst jetzt darf die Impf-Spritze gesetzt werden. Dazu wird der Muskel am Oberarm etwas zusammengedrückt, und dann „gepikst“. Mir brennt eine Frage unter den Nägeln, die ich stellen muss: „Sticht die Nadel eigentlich bis auf den Knochen?“ Roswitha Tromp klärt mich auf: „Das sollte eigentlich nicht passieren. Wenn wir sehen, dass die Arme sehr dünn sind oder wenig Muskulatur vorhanden ist, nehmen wir kürzere Nadeln“, berichtet sie und zeigt mir zwei verschieden lange Aufsätze. Ich bin erleichtert. Melanie Reins hat den Pikser gut überstanden, und gilt nun als „durchgeimpft“. Um sicherzugehen, dass keine unerwarteten Impfreaktionen oder –allergien auftreten, bleibt sie noch ein Weilchen unter Beobachtung auf einem Stuhl sitzen. Nachgefragt, warum sie sich für die Impfung entschieden hat, erklärt sie: „Durch meinen Beruf bin ich hier in der Wohnanlage jeden Tag mit der höchsten Risikogruppe in Kontakt. Die Impfung schützt mich und auch unsere Bewohner“.
Personalien und Chargen-Nummer werden nach der Impfung an der letzten Station, der Endkontrolle, von DRK-Mitarbeiter Stefan Frey, Einsatzkraft aus dem DRK KV Ammerland e.V., noch einmal abgeglichen und gescannt, und sind damit digital archiviert. Der Impfvorgang ist damit abgeschlossen.
Die Aufbereitung des Impfstoffes
Auf der anderen Seite des Impfsaals entdecke ich eine weitere Station, und komme dort mit Dagmar Weyen, einer pharmazeutisch-technischen Assistentin des Impfteams, ins Gespräch. Sie und ihre Kollegin sind für die Zubereitung des Impfstoffes zuständig.
Wie der Impfstoff angemischt wird, erklärt sie gerne: Angeliefert wird der Impfstoff in sicheren Transportkisten, in der Art wie auch Spenderorgane transportiert werden. Ein Thermometer in der Box zeigt uns beim Blick hinein 4,2 Grad Celsius an, und das ist genau richtig, denn die Temperatur darf sich nur zwischen 2-8 Grad bewegen. Zum Anmischen des Impfstoffes werden 1,8 ml isotonische Kochsalzlösung mit einer Spritze mit langer Kanüle aus einer Ampulle aufgenommen und langsam in das kleine Fläschen mit dem Impfstoff hinzugefügt. Anschließend wird es vorsichtig 10-mal über Kopf geschwenkt. „Das Hinzufügen der Natriumchlorid-Lösung und das Schwenken müssen vorsichtig und langsam erfolgen, damit die mRNA nicht beschädigt wird“, erklärt Dagmar Weye. Mit einer neuen Spritze, der Impfspritze, nimmt sie jetzt 0,3 ml des präparierten Impfstoffes aus dem Fläschen auf. Die Impfspritze erhält im Anschluss eine neue, frisch ausgepackte Kanüle, die noch nicht mit dem Produkt in Berührung gekommen ist. Damit verhindert man Kontaktallergien. Die Impfdosis für einen Impfling ist nun fertig.
Gespräch mit Einrichtungsleitung Elke Thoben
Die Altenpflegeeinrichtung der Arbeiterwohlfahrt stellt vollstationäre und Kurzzeitpflege-Plätze zur Verfügung. Einrichtungsleiterin Elke Thoben war der Schutz der ihr anvertrauten Menschen von Anfang an sehr wichtig und zeigt sich froh, dass die meisten das Impfangebot in Anspruch genommen haben. „Die Impfbereitschaft war hoch, sowohl unter den 130 Bewohnerinnen und Bewohnern als auch unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ erklärt sie. Grund dafür seien die gute Aufklärungsarbeit der Fachbereiche und der beiden DRK-Impfärztinnen, ergänzt sie. Anfängliche Impfängste gab es zwar, aber diese konnten durch sachkundige Informationen relativ schnell abgebaut werden. Die Zusammenarbeit zwischen Einrichtung und mobilem Impfteam beschreibt sie als reibungslos. „Die Arbeit lief Hand in Hand“, so Elke Thoben.
Gespräch mit Pflegefachkraft Brigitte zu Klampen-Trump
Auch im Personal scheint die Stimmung gut zu sein. „Wir können von Glück sagen, dass wir in unserer Einrichtung keine Verläufe hatten. Alle sind gesund. Dass die Impfung jetzt da ist, ist ein Segen“, betont Brigitte zu Klampen-Trump. Die 58-Jährige ist als Pflegefachkraft und Betreuerin seit 33 Jahren in der Altenwohnanlage Rastede tätig. Auch sie erwähnt die gute Zusammenarbeit mit dem mobilen DRK-Impfteam und hebt hervor, dass die Rotkreuzmitarbeiter sehr gut auf die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner eingegangen sind. „Obwohl es doch gewissermaßen eine Fließbandarbeit ist, haben sich alle Zeit genommen. Das fand ich sehr bemerkenswert - richtig toll.“
Gespräch mit zwei Bewohnerinnen
Wie vereinbart, darf ich auch mit zwei bereits geimpften Bewohnerinnen kurz ein Gespräch unter Abstand führen. „Wir sind froh, dass wir jetzt geimpft sind“, berichtet Christel Hansen. „Das Leben hat sich ja sehr verändert“, sagt die 84-Jährige. „Man sieht die anderen im Grunde nur beim Essen. Danach geht jeder wieder auf sein Zimmer und ist für sich allein“. Sie wohnt seit knapp 2 Jahren in der Einrichtung und hofft, dass die Impfkampagne zu etwas mehr Normalität führen wird. Auch die 94-Jährige Hanna Wilksen hat sich impfen lassen. „Meine Urenkelin kam vor Corona jede Woche zu mir. Wir haben uns lange Zeit nicht gesehen. Das wird ab nächster Woche wieder möglich.“ erzählt sie sichtlich erfreut. Außerdem hofft sie, dass auch die Gymnastikkurse bald wieder stattfinden können.
Gespräch mit Lars Hanekamp und Jared Becker
Bevor das Impfteam in eine Einrichtung fährt, werden morgens um 6.30 Uhr zunächst alle im Team abgestrichen. „Nur bei negativem Testergebnis, und das war bisher immer der Fall, geht es im Einsatzfahrzeug, das mit Impfstoff und dazugehörigem medizinischen Equipment beladen wird, auf den Weg in die Einrichtung“, berichtet Lars Hanekamp.
Mitarbeiter des Landkreises aus dem Impfzentrum nehmen im Vorfeld Kontakt zur Einrichtung auf und besprechen die räumlichen Voraussetzungen. In der Regel sind es die Speisesäale, die hierfür umgebaut werden und den nötigen Platz bieten. Das Impfteam richtet sich dann die genannten Stationen vor Ort unter Berücksichtigung der Hygieneschutzmaßnahmen ein und kann ihre Arbeit routinemäßig aufnehmen.
Die Stimmung im Team wirkt entspannt und locker. „Mit welcher Motivation geht ihr in so einen Einsatz?“, frage ich Jared Becker, den DRK Landesbereitschaftsleiter. „Wer beim Roten Kreuz arbeitet, hat die Ambition zu helfen“, sagt er. „Wir werden jetzt gebraucht. Das spiegeln uns auch einige Impflinge sehr deutlich, die überglücklich sind, die lang ersehnte Impfung zu erhalten. Da gibt es auch mal emotionale Momente. Das gibt einem viel zurück“, ergänzt er.
Die Bereitschaften des Roten Kreuzes sind seit Beginn der Pandemie zur Unterstützung der Bevölkerung und der Behörden im Einsatz, z. B. in der Organisation von Einkaufsdiensten, im Aufbau und im Betrieb von Abstrich-Einrichtungen (Screeningzelten) vor Krankenhäusern, als mobile Kontakt-Nachverfolgungsteams, und derzeitig als mobile Impfteams zur Unterstützung der Impfzentren. Das Deutsche Rote Kreuz leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Pandemie.
/acweller