Zu Besuch in der DRK Speisekammer Rastede: Eine wichtige Anlaufstelle
Die DRK Speisekammer Rastede ist eine der ersten Einrichtungen zur Ausgabe von Lebensmitteln an Bedürftige, die nach dem Corona-Lockdown wieder geöffnet hat. Ein Blick hinter die Kulissen.
Hygiene- und Abstandregeln funktionieren gut
Seit 12 Jahren versorgt die Speisekammer Rastede des DRK Kreisverbandes Ammerland e.V. Bedürftige aus den Gemeinden Rastede und Wiefelstede mit dem Lebensnotwendigsten. „Wir versorgen zwischen 1.500 und 1.800 Menschen in der Woche mit Lebensmitteln“, erklärt Jann Aden, Leiter der Speisekammer. „Für das ganze Team der Speisekammer war klar, dass wir so schnell wie möglich wieder öffnen möchten. Wir wollen niemanden im Stich lassen.“ Insgesamt 8 Wochen war die Speisekammer geschlossen. Ein ausgefeiltes Hygienekonzept, das mit Gesundheits- und Ordnungsamt abgestimmt wurde, machte die schnelle Wiedereröffnung möglich. „Wir haben den Vorteil, dass wir auf unserem Gelände an der Raiffeisenstraße genügend Platz haben“, erläutert Sabine Aden, Landesleiterin Wohlfahrts- und Sozialarbeit im DRK-Landesverband Oldenburg e.V.. „Dazu haben wir Glück, dass Sommer ist, so können wir Wartebereich und Ausgabe in den Außenbereich verlegen.“ Kern des Hygienekonzepts ist ein Einbahnstraßensystem mit mehreren Stationen und Markierungen, damit jederzeit genügend Abstand gehalten wird. Außerdem ist das Tragen einer Mund-Nasen-Maske Pflicht.
Wie sieht der Ablauf aus?
Wenn man jetzt zur Speisekammer kommt, geht es, nachdem man Auto oder Fahrrad geparkt hat, zur ersten Station. Hier wird man freundlich von Watzlaw begrüßt. Er arbeitet ehrenamtlich für die Speisekammer und achtet darauf, ob die Masken sitzen und weist auf die Markierungen am Boden hin. Wenn etwas unklar ist, kann man ihn fragen. Abstand halten ist dank der Markierungen aber kein Problem, und so geht es vorwärts zur zweiten Station. An einem Desinfektionsmittelspender werden die Hände desinfiziert. Dann überprüft Horst-Dieter, von den Kunden auch liebevoll „Chef“ genannt, die Bezugskarten und sagt dem Ausgabe-Team, was ausgegeben werden muss. „Weiß“ bedeutet, alles darf in die Kiste, „Rot“ heißt, dass kein Schweinefleisch dabei sein darf. Das Ausgabe-Team sieht man nicht gleich sofort, denn ein schwerer Folien-Vorhang hängt in der Tür zur Lebensmittelausgabe. Doch man hört sie dahinter hantieren. Frisches Obst, Gemüse, Brot und Molkerei-Produkte werden in Kisten gepackt und durch die Abtrennung über einen Holztisch nach draußen geschoben. So hat man quasi eine Lebensmittelschleuse. „Wir sehen die Leute jetzt nicht direkt und wissen daher nicht mehr, für wen wir packen. Das ist schon etwas schade. Denn der Kontakt zu den Menschen macht die Arbeit normalerweise besonders schön“, erzählt Hedwig. „Man kennt sich und weiß auch mit welchen Sachen man den Leuten eine Freude machen kann. Da versucht man schon mal durch den Spalt neben der Folie zu schauen, um zu erkennen, wer kommt.“ Auf die Frage, welche Speisen denn besonders beliebt sind, ergänzt sie: „Melonen sind immer begehrt und auch über Bananen und Toastbrot freuen sich die Leute. Aber wählerisch ist keiner, alle sind froh, dass es die Speisekammer gibt.“
Ein Blick hinter den Vorhang
Hinter dem Vorhang packen heute Sylke, Petra, Eva, Erika und Hedwig die Lebensmittelkisten. „Mit den neuen Hygieneregeln haben wir unsere Abläufe anpassen müssen, aber unsere eingespielte Truppe bekommt das super hin“, lobt Petra. Jede hat einen bestimmten Warenbereich, aus dem etwas in die Kisten gepackt wird. Erika ist heute zum zweiten Mal dabei und für Gemüse und Babynahrung zuständig. „Die Arbeit hier macht wirklich Spaß“, betont die neue Ehrenamtliche. Sylke packt die Waren aus der Kühlung in die Kiste. Sie ist das Urgestein im Team, seit 11 Jahren ist sie zusammen mit ihrem Mann Horst-Dieter in der Speisekammer aktiv. „Als Corona kam fehlte mir doch mein Freitag in der Speisekammer. Ich bin froh, dass wir wieder loslegen dürfen.“ Eva ist „Wiederholungstäterin“, sie ist jetzt wieder neu an Bord, war aber bereits früher über 5 Jahre in der Speisekammer aktiv. „Viele haben sich nach der Wiedereröffnung bei uns bedankt, für sie waren es 8 schwierige Wochen ohne Speisekammer“, berichtet Eva.
Umpacken und desinfizieren
Mit der gut gefüllten Lebensmittelkiste geht es weiter zur dritten Station. Auf Sortiertischen werden die ausgegebenen Lebensmittel in eigene, mitgebrachte Taschen oder Kisten gepackt. Die leeren Ausgabekisten werden bei Dad abgegeben. Er desinfiziert die Kisten sorgfältig, bevor sie zurück in die Ausgabe gehen. Anschließend geht es auf der markierten Ausgangsspur zurück. Jan-Henrik hat währenddessen alle Vorgänge im Blick. Er koordiniert den gesamten Ablauf und bringt Nachschub aus den Lagerräumen in die Lebensmittelausgabe. „Schon vor Corona waren alle Bezieher von Lebensmitteln bei uns in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe hat ein festes Zeitfenster, so vermeiden wir lange Wartezeiten und ein großes Gedränge. Im Moment haben wir unsere Ausgabe auf zwei Tage ausgedehnt. Donnerstags haben wir von 10:30 Uhr bis 12:30 Uhr für zwei Gruppen geöffnet und Freitag kommen zwischen 9:30 Uhr und 16:00 Uhr die anderen Gruppen“, erklärt Jan-Henrik.
Stetiger Betrieb im Lager
Ein Blick in weitere Räumlichkeiten zeigt, wie arbeitsintensiv der Betrieb der Speisekammer ist. Im Lager sind am Ausgabetag acht Männer tätig. „Das ist unsere Sortierung“, erläutert Jann Aden den Vorgang. „Hier werden die Lebensmittel vorsortiert, bevor sie in die Ausgabe gebracht werden. Verdorbenes wird von uns entsorgt. Bei uns kommen jeden Tag Lebensmittel an. Wir fahren täglich eine Tour zu Märkten in Oldenburg und dreimal in der Woche geht es mit dem LKW zum Edeka-Zentrallager in Neuenkruge. Da kommen jede Woche 7-8 Tonnen Lebensmittel zusammen, die wir an Bedürftige verteilen. Manchmal bekommen wir auch Waren direkt von den Herstellern.“, ergänzt er.
Wie ist die Speisekammer entstanden?
Sabine und Jann Aden sind die Initiatoren und Gesichter der DRK Speisekammer Rastede. Das Ehepaar hat die Speisekammer vor 12 Jahren ins Leben gerufen. „Ich habe damals vom Schicksal einer älteren Frau gehört, die nach Essen in Mülltonnen suchen musste und gedacht, so etwas darf nicht sein“, erzählt Jann Aden. „Uns war sofort klar, dass wir etwas tun müssen.“ Heute ist die Speisekammer eine etablierte Institution, die etwa 300 bedürftige Familien in der Woche versorgt. „Zu uns kommen verschiedene Menschen: Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund, alte Menschen und ‚Aufstocker‘, die nur sehr wenig verdienen“, berichtet Sabine Aden. „An einige Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht zu uns kommen können, liefern wir auch Lebensmittel.“
Verstärkung wird immer gesucht
Mittlerweile engagieren sich über 70 Ehrenamtliche im Team der Speisekammer Rastede, aber es wird immer weitere Verstärkung gesucht. „Viele, die als Bedürftige zu uns kommen, bieten selber ihre Hilfe an, und sind jetzt ehrenamtlich bei uns tätig“, erzählt Sabine Aden. „Weitere Unterstützung können wir aber immer gebrauchen, insbesondere Fahrer für unsere täglichen Touren zu den Supermärkten.“ Wer Lust und Zeit hat zu helfen, kann sich im Speisekammer-Büro unter Tel. (04402) 97 44 97 melden.
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